Kipppunkt für den Automarkt kann Ende 2023 kommen
Im ersten Quartal laufen die Geschäfte gut, aber das liegt an den Aufträgen aus 2022
„2022 hat nicht schlecht geendet. 2023 hat nicht schlecht angefangen. Aber wir sind noch längst nicht über den Berg. Denn der Markt wird voraussichtlich Ende 2023 kippen, die Auftragseingänge sind nachhaltig schwach“, so fasst Obermeister Torsten Treiber von der Kraftfahrzeuginnung Region Stuttgart die aktuelle Lage auf dem Automarkt in der Region zusammen: „2022 waren es bei den Neuzulassungen in der Region Stuttgart rund 3.600 Pkw weniger. Bei den Gebrauchtwagen gab es von der Fahrzeugzahl her sogar einen Einbruch um 32.000 Einheiten. Die Rückgänge wurden in beiden Bereichen aber durch höhere Preise wettgemacht.“ Damit habe das Kfz-Gewerbe mit einer Umsatzrendite von im Schnitt 3,3 Prozent erstmals einen Wert erreicht, „den wir bisher immer nur als Zielgröße kannten“. Unter Klimaschutzgesichtspunkten gebe es im E-Auto-Bereich zwar Zuwachs, aber der sei im Vergleich mit den Zielen zu gering: „Hybride und Verbrenner sind nach wie vor stark gefragt und das erhöht den Druck E-Fuels schnell bereit zu stellen.“
„Das erste Quartal 2023 kommt regional auf den ersten Blick für uns sehr positiv daher. In der Region Stuttgart ist der Gebrauchtwagenhandel stabil. Bei den Pkw-Neuzulassungen haben wir ein Plus von rund 5.800 Pkw oder 20 Prozent. Das sieht gut aus: Bundesweit liegt der Zuwachs mit 6,5 Prozent, also nur bei einem Drittel davon“, sagt der Obermeister über die aktuellen Zahlen. Spitzenreiter ist der Kreis Böblingen mit einem Zuwachs von 40 Prozent.
Allerdings sei das Zulassungsplus „vor allem der Tatsache geschuldet, dass die Hersteller weiter ihre Lieferrückstände abbauen", sagte Torsten Treiber auf der Delegiertenversammlung der Innung: „Es sind die Aufträge aus 2022, die den Laden am Laufen halten.“
Kritik übt Obermeister Torsten Treiber in Richtung Bundesregierung: „Das bisherige Wundermittel E-Auto versagt nach einem Strohfeuer Ende 2022 als Konjunkturstütze. Sein Anteil an den Neuzulassungen lag im ersten Quartal in der Region bei 15,7 Prozent, nach 18,2 Prozent im Jahr 2022 und das lässt für 2023 nichts Gutes erahnen.“ Es beweise auch, dass „es keine kluge Entscheidung des Bundes-Wirtschaftsministeriums war, die E-Auto-Förderung zu reduzieren. Zumindest dann nicht, wenn der Klimaschutz und die CO2-Veringerung mit den E-Autos mit Batterie geplant ist.“ Zwar seien im ersten Quartal in der Region fast 5.500 E-Autos neuzugelassen worden, „aber der Zuwachs liegt mit 1.211 Pkw weit unter dem, was der Klimaschutz braucht, obwohl sich ein Plus von rund 28,5 Prozent sehr viel anhört. Zumal sich mit einem Zuwachs von 2.342 Pkw fast doppelt so viele Menschen für einen Hybrid-Pkw entschieden haben. Deren Anteil an den Neuzulassungen stieg inzwischen von 34,4 Prozent auf 35,2 Prozent – das heißt, jeder dritte neue Pkw nutzt diese Technologie.“
Damit verstärke sich unter Klimaschutzgesichtspunkten der Druck klimaneutrale Treibstoffe bereitzustellen. Die Entwicklung beweise, „dass sich unsere Kunden sehr wohl überlegen, welcher Technologie sie die höchste Zuverlässigkeit zuordnen und welche Technologie am besten zu ihren individuellen Bedürfnissen passt. Sie beweise, dass es ein kluger Schachzug des Bundes-Verkehrsministeriums war, in Sachen E-Fuels hart zu bleiben. Nicht, weil damit eine angeblich überlebte Technologie fortgeführt wird. Sondern weil damit Versorgungssicherheit mit klimaneutralem Treibstoff für die Verbrennervarianten geschaffen werden kann, die in den nächsten Jahren noch in den Verkehr gebracht werden.“
Torsten Treiber betont in diesem Zusammenhang die Neutralität des Kfz-Gewerbes und den Vorrang des Kunden: „Um keinen Zweifel aufkommen zu lassen, ich bin dafür, die ganze Entwicklung der Mobilität vollkommen technologieneutral zu betrachten. Glaubensdebatten lehnen wir ab. Jeder soll mit der Mobilität selig werden, mit der er oder sie zufrieden ist. Aber wir sind die Nummer Eins, wenn es um die individuelle Mobilität per Auto geht. Wir sind das, weil unsere Betriebe alles können: Jede Antriebstechnologie ist uns willkommen. Jedes Verbot ist uns ein Graus.“